Eine freiheitliche Wirtschaftspraxis ist an Regeln gebunden. Sie bestimmen, welche Wirtschaftsakteure unter welchen Bedingungen über welche Art von Handlungsautonomie verfügen. Darüber hinaus legen sie fest, welchen Kontrollen sich die handelnden Personen und Organisationen in welchem sachlichen Zusammenhang zu unterziehen haben.

Eine wichtige Rolle spielt dabei das leitende Menschenbild. Hält man die Menschen prinzipiell für in der Lage, ihrer Freiheitsausübung mit Blick auf deren Sozial- und Umweltverträglichkeit unter Umständen auch freiwillig gewisse Grenzen zu setzen? Oder geht man davon aus, dass Menschen nur dann von der primären oder gar ausschliesslichen Verfolgung eigener Interessen – im Grenzfall zu Lasten Dritter – absehen, wenn sie durch Gesetze dazu gezwungen werden?

Der Stellenwert, welcher der freiwilligen Selbstverpflichtung über gesetzliche Erfordernisse hinaus eingeräumt wird, hängt sodann auch davon ab, wie das Verhältnis zwischen individuellem Wohl und Gemeinwohl gesehen wird.

Ausschlaggebend ist, ob die Maximierung des Gemeinwohls als Aggregation des maximalen Wohls der Einzelnen verstanden oder ob die Wechselwirkung zwischen individuellem und gesellschaftlichem Wohl für grundlegend gehalten wird. Ist Letzteres der Fall, so gilt das Gemeinwohl nicht nur als Folge sondern immer auch als Voraussetzung individuellen Wohlergehens. Vor diesem Hintergrund können freiwillige Selbstbeschränkungen im Dienste der Gemeinwohlförderung prinzipiell durchaus im wohlverstandenen Eigeninteresse liegen.

Die Bereitschaft von Corporate Citizens zur freiwilligen Selbstbegrenzung der individuellen Freiheitsausübung im Interesse des Gemeinwohls ist geeignet, das Ausmass staatlicher Regulierungen der individuellen Handlungsautonomie in möglichst engen Grenzen zu halten. Insoweit besteht der Business Case verantwortungsvoller Unternehmensführung im Sinne von Good Corporate Citizenship darin, dass auf diesem Weg ein Höchstmass an eigenverantwortlich nutzbarem individuellem Handlungsspielraum gesichert werden kann.


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